Als ich, schon promoviert und mit einiger universitärer Lehrerfahrung, an die Schule und ans Studienseminar ging, um auch noch ordentlicher Schullehrer zu werden, hatte ich, neben Dingen, die immer unvermeidlich kommen und einfach, wenn möglich, stoisch zu ertragen sind (das betraf vor allem, mit einer Ausnahme, das Studienseminar), auch mehrfach Glück.

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Zum Glück gehörte eine außerordentlich liberale Schule mit echten Charakteren unter den Lehrer-KollegInnen und, sagen wir, teils anspruchsvollen teils angeschlagenen, immer aber liebenswerten Charakteren unter den Schülerinnen und Schülern. Es war eine Schule des zweiten Bildungswegs.
Diese Schule schien auf einen wie mich nur gewartet zu haben, so dankbar wurden jedenfalls alle spleenigen Ideen von mir unterstützt. Ich hatte nur produktiven Widerstand. Besonders in der Geschichts- und in der Philosophiefachschaft war jede/e Kolleg_in gleichsam eine eigene Nation mit eigenem thematischem Profil und sehr viel Persönlichkeit. Mit einigen stehe ich noch heute in Kontakt und freue mich über jedes, auch flüchtige Treffen im Kreuzviertel.

Bernhard Reisch, der dieser Tage in Pension verabschiedet worden ist, gelernter Historiker und Germanist, war neben einigen anderen, deren Beitrag ich dauerhaft schätze, mein respektierter Top-Mentor und Begleiter beim praktischen Lehrerwerden. Kritisch, aufmerksam und mit echter Geduld und viel Nachbesprechungszeit für meinen Anfänger-Geschichtsunterricht (der immer zu viel in zu kurzer Zeit wollte).
Ich hatte den Eindruck, vielleicht auch Einbildung, dass auch er ganz froh war, über unsere zuweilen ausufernden und fachlich den eigentlichen Gegenstand, meinen gerade stattgehabten Unterricht, weit hinter sich lassenden Jours fixes. Ich zumindest erinnere mich wirklich gern daran. (Und Germanistik wird immer das Fach bleiben, das ich gerne auch noch studiert hätte.)

Verabschiedung des stellvertretenden Schulleiters Bernhard Reisch

Überhaupt meine ich in diesen anderthalb Jahren an dieser Schule neben dem Unterrichten und weiteren Facetten des Lebens eines gelernt zu haben: Es gibt so beeindruckend kluge, gebildete und phantasievolle Kolleg_innen an den Schulen, denen eine universitäre Karriere absolut zuzutrauen wäre und die nur durch die Fügung des Lebens an diese verantwortungsvolle Position gekommen sind und nicht an eine andere, vermeintlich „höhere“.
Das gilt im Übrigen vice versa auch für mich und alle meine Professorenkolleg_innen. Ich bemerke es stets mit Befremdung, wenn man sich Karriere im Hochschulsystem ganz als Person und seinem vermeintlichen Genius zurechnet und von daher auf andere herabblicken zu können meint. Reine Hybris. Und ein grosser Unsinn.

Dass ich selbst an dieser Schule nicht als Studienrat geblieben, sondern stattdessen als Hochschulassistent nach Münster gewechselt bin, habe ich, man glaube es mir, manchmal bereut. Die Wechselfälle des akademischen Hazards können brutal sein.
Der Grund für Münster war eigentlich eine Zusage an den Ordinarius, der mir die Stelle freigehalten hatte. Und mein Bauchgefühl.

Jedenfalls nichts Besonderes.

Image Credentials: Westfalen-Kolleg. Wand zur Rheinischen in neu (C) mkosakov via Flickr, CC BY-NC-SA 2.0

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